Brodi 1, Das Gedächtnis des Ortes · Kraj in njegov spomin
Die Publikation macht durch familiäre Dokumente, Postkarten und Fotografien des Hauses und seiner Bewohner:innen aus dem Zeitraum 1900 bis 1980 das persönliche Verwoben-Sein in zeitgeschichtliche Ereignisse sichtbar.
Übergeordnete Themenbereiche, die in den INTERFERENZEN anhand von einzelnen Lebenswegen fokussiert wurden und denen einzelne Abschnitte in der Publikation zugeordnet sind, sind: Frauen (Lebenswege der Frauen, die im Haus Brodi 1 zu Hause waren), Migration (Tona Kohlnprat, Ferlacher Büchsenmacher, der 1920 aufgrund gesellschaftlichen Drucks in den SHS Staat auswanderte), Widerstand (Paul Kollenprat, schloss sich den Partisanen an, wartete 1945 drei Monate auf seine Enthauptung im Grazer Landesgericht, überlebte und kämpfte zeitlebens für Anerkennung des Widerstandes), Bildung (1923 bis 1945 leitete der Deutsche Schulverein Südmark die Schule im Loibltal) und Holocaust (Rezi Juch, Hanzi Kohlenpraths Großtante wurde im KZ Auschwitz ermordet).
Erzählungen mehrerer Generationen der Familie Kohlenprath wechseln einander ab, geben unterschiedliche Perspektiven auf das Geschehen und machen transgenerationale Weitergabe sichtbar. Alois Hotschnig verfasste 2016 nach Gesprächen mit Hanzi Kohlenprath (geb. 1939 im Haus Brodi 1) die Erzählung »In Sichtweite«. »In Sichtweite« spannt den Bogen vom »Damals«, Hanzi Kohlenpraths Kindheitserinnerungen zum »Heute«, erzählt von Voraussetzungen, Umständen, Entscheidungen und Konsequenzen.
Im Beitrag »… gedenke euch Loiblthalern, Postkarten betrachten, Spuren lesen, Geschichte(n) verstehen« gibt die Kulturwissenschafterin Eva Tropper einen Blick von außen, auf die Bedeutung der im Haus Brodi 1 erhalten gebliebenen Postkarten als Quelle in der Geschichtsforschung.
Petra Kohlenprath (geb. 1972) werden in dieser Publikation unterschiedliche Erzähl-Rollen zu Teil. Zum Einem beschreibt sie den Prozess der INTERFERENZEN 2015-2022, ihren persönlichen Bezug zum Ort Brodi 1, zu ihrem Großvater und ihrem Großonkel. Zum anderen ist in der Publikation ihr Text »Na pamet – Aus dem Gedächtnis einer Slowenisch-Deutsch schweigenden Familie« veröffentlichtet, in dem sie in Kurzgeschichten über ihre Sozialisation in Ferlach – als »Angehörige einer Minderheit«, vom Spannungszustand, der sich für sie durch die unterschiedlichen Erzählungen aufgebaut hat und dem Umgang mit der Widersprüchlichkeit erzählt. Dieser Text wurde 2015 im Schauspielhaus Graz anlässlich des 60 jährigen Jubiläums zum Österreichischen Staatsvertrag gelesen und eröffnete 2015 die INTERFERENZEN im Loibltal.
Die Publikation wendet sich hauptsächlich an Interessierte, die nach 1960 in Österreich den Geschichtsunterricht besucht haben.
Die Publikation »Brodi 1, Das Gedächtnis des Ortes · Kraj in njegov spomin« entstand im Rahmen des gleichnamigen Projektes für die Landesausstellung Carinthija2020 und wurde vom Land Kärnten, dem Nationalfonds, dem Zukunftsfonds, dem BKA, dem BM für Kunst und Kultur und der Republik Slowenien subventioniert.
Zur Autorin: Petra Kohlenprath wurde 1972 geboren, wuchs in Ferlach auf und lebt seit 1990 in Graz. Sie hat an der TU Graz und der Robert Gordons University Aberdeen das Studium der Architektur absolviert und die Akademie für angewandte Photografie Graz. Seit 2015 ist sie Geschäftsführerin einer Agentur für Kommunikation und Design. 2018 bis 2021 war Petra Kohlenprath Vorstandsmitglied des Künstlerkollektivs Rhizom. Seit 2019 ist sie im Vorstand des Kulturverein Interferenzen.